Der zerbrochene Krug
By Heinrich von Kleist

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Siebenter Auftritt

Adam im Ornat, doch ohne Perücke, tritt auf.  Die Vorigen.

Adam für sich.
Ei, Evchen.  Sieh!  Und der vierschröt’ge Schlingel,
Der Ruprecht!  Ei, was Teufel, sieh!  die ganze Sippschaft!
–Die werden mich doch nicht bei mir verklagen?

Eve
O liebste Mutter, folgt mir, ich beschwör Euch,
Laßt diesem Unglückszimmer uns entfliehen!

Adam
Gevatter! sagt mir doch, was bringen die?

Licht
Was weiß ich?  Lärm um nichts; Lappalien.
Es ist ein Krug zerbrochen worden, hör ich.

Adam
Ein Krug!  So!  Ei!–Ei, wer zerbrach den Krug?

Licht
Wer ihn zerbrochen?

Adam
Ja, Gevatterchen.

Licht
Mein Seel, setzt Euch: so werdet Ihrs erfahren.

Adam heimlich.
Evchen!

Eve gleichfalls.
Geh Er.

Adam
Ein Wort.

Eve
Ich will nichts wissen.

Adam
Was bringt ihr mir?

Eve
Ich sag Ihm, Er soll gehn.

Adam
Evchen!  Ich bitte dich!  Was soll mir das bedeuten?

Eve
Wenn Er nicht gleich–!  Ich sags Ihm, laß Er mich.

Adam zu Licht.
Gevatter, hört, mein Seel, ich halts nicht aus.
Die Wund am Schienbein macht mir Übelkeiten;
Führt Ihr die Sach, ich will zu Bette gehn.

Licht
Zu Bett–?  Ihr wollt–?  Ich glaub, Ihr seid verrückt.

Adam
Der Henker hols.  Ich muß mich übergeben.

Licht
Ich glaub, Ihr rast, im Ernst.  Soeben kommt Ihr–?
–Meinethalben.  Sagts dem Herrn Gerichtsrat dort.
Vielleicht erlaubt ers.–Ich weiß nicht, was Euch fehlt.

Adam wieder zu Even.
Evchen!  Ich flehe dich!  Um alle Wunden!
Was ists, das ihr mir bringt?

Eve
Er wirds schon hören.

Adam
Ists nur der Krug dort, den die Mutter hält,
Den ich, soviel–?

Eve
Ja, der zerbrochne Krug nur.

Adam
Und weiter nichts?

Eve
Nichts weiter.

Adam
Nichts?  Gewiß nichts?

Eve
Ich sag Ihm, geh Er.  Laß Er mich zufrieden.

Adam
Hör du, bei Gott, sei klug, ich rat es dir.

Eve
Er Unverschämter!

Adam
In dem Attest steht
Der Name jetzt, Frakturschrift, Ruprecht Tümpel.
Hier trag ichs fix und fertig in der Tasche;
Hörst du es knackern, Evchen?  Sieh, das kannst du,
Auf meine Ehr, heut übers Jahr dir holen,
Dir Trauerschürz und Mieder zuzuschneiden,
Wenns heißt: der Ruprecht in Batavia
Krepiert’–ich weiß an welchem Fieber nicht,
Wars gelb, wars scharlach, oder war es faul.

Walter
Sprecht nicht mit den Parteien, Herr Richter Adam,
Vor der Session!  Hier setzt Euch, und befragt sie.

Adam
Was sagt er?–Was befehlen Ew.  Gnaden?

Walter
Was ich befehl?–Ich sagte deutlich Euch,
Daß Ihr nicht heimlich vor der Sitzung sollt
Mit den Parteien zweideut’ge Sprache führen.
Hier ist der Platz, der Eurem Amt gebührt,
Und öffentlich Verhör, was ich erwarte.

Adam für sich.
Verflucht!  Ich kann mich nicht dazu entschließen–!
Es klirrte etwas, da ich Abschied nahm–

Licht ihn aufschreckend.
Herr Richter!  Seid Ihr–!

Adam
Ich?  Auf Ehre nicht!
Ich hatte sie behutsam drauf gehängt,
Und müßt ein Ochs gewesen sein–

Licht
Was?

Adam
Was?

Licht
Ich fragte–!

Adam
Ihr fragtet, ob ich–?

Licht
Ob Ihr taub seid, fragt ich.
Dort Sr.  Gnaden haben Euch gerufen.

Adam
Ich glaubte–!  Wer ruft?

Licht
Der Herr Gerichtsrat dort.

Adam für sich.
Ei!  Hols der Henker auch!  Zwei Fälle gibts,
Mein Seel, nicht mehr, und wenns nicht biegt, so brichts.
–Gleich!  Gleich!  Gleich!  Was befehlen Ew.  Gnaden?
Soll jetzt die Prozedur beginnen?

Walter
Ihr seid ja sonderbar zerstreut.  Was fehlt Euch?

Adam
–Auf Ehr!  Verzeiht.  Es hat ein Perlhuhn mir,
Das ich von einem Indienfahrer kaufte,
Den Pips: ich soll es nudeln, und verstehs nicht,
Und fragte dort die Jungfer bloß um Rat.
Ich bin ein Narr in solchen Dingen, seht,
Und meine Hühner nenn ich meine Kinder.

Walter
Hier.  Setzt Euch.  Ruft den Kläger und vernehmt ihn.
Und Ihr, Herr Schreiber, führt das Protokoll.

Adam
Befehlen Ew.  Gnaden den Prozeß
Nach den Formalitäten, oder so,
Wie er in Huisum üblich ist, zu halten?

Walter
Nach den gesetzlichen Formalitäten,
Wie er in Huisum üblich ist, nicht anders.

Adam
Gut, gut.  Ich werd Euch zu bedienen wissen.
Seid Ihr bereit, Herr Schreiber?

Licht
Zu Euren Diensten.

Adam
–So nimm, Gerechtigkeit, denn deinen Lauf!
Kläger trete vor.

Frau Marthe
Hier, Herr Dorfrichter!

Adam
Wer seid Ihr?

Frau Marthe
Wer–?

Adam
Ihr.

Frau Marthe
Wer ich–?

Adam
Wer Ihr seid!
Wes Namens, Standes, Wohnorts, und so weiter.

Frau Marthe
Ich glaub, Er spaßt, Herr Richter.

Adam
Spaßen, was!
Ich sitz im Namen der Justiz, Frau Marthe,
Und die Justiz muß wissen, wer Ihr seid.

Licht halblaut.
Laßt doch die sonderbare Frag–

Frau Marthe
Ihr guckt
Mir alle Sonntag in die Fenster ja,
Wenn Ihr aufs Vorwerk geht!

Walter
Kennt Ihr die Frau?

Adam
Sie wohnt hier um die Ecke, Ew.  Gnaden,
Wenn man den Fußsteig durch die Hecken geht;
Witw’ eines Kastellans, Hebamme jetzt,
Sonst eine ehrliche Frau, von gutem Rufe.

Walter
Wenn Ihr so unterrichtet seid, Herr Richter,
So sind dergleichen Fragen überflüssig.
Setzt ihren Namen in das Protokoll,
Und schreibt dabei: dem Amte wohlbekannt.

Adam
Auch das.  Ihr seid nicht für Formalitäten.
Tut so, wie Sr.  Gnaden anbefohlen.

Walter
Fragt nach dem Gegenstand der Klage jetzt.

Adam
Jetzt soll ich–?

Walter
Ja, den Gegenstand ermitteln!

Adam
Das ist gleichfalls ein Krug, verzeiht.

Walter
Wie?  Gleichfalls!

Adam
Ein Krug.  Ein bloßer Krug.  Setzt einen Krug,
Und schreibt dabei: dem Amte wohlbekannt.

Licht
Auf meine hingeworfene Vermutung
Wollt Ihr, Herr Richter–?

Adam
Mein Seel, wenn ichs Euch sage,
So schreibt Ihrs hin.  Ists nicht ein Krug, Frau Marthe?

Frau Marthe
Ja, hier der Krug–

Adam
Da habt Ihrs.

Frau Marthe
Der zerbrochne–

Adam
Pedantische Bedenklichkeit.

Licht
Ich bitt Euch–

Adam
Und wer zerbrach den Krug?  Gewiß der Schlingel–?

Frau Marthe
Ja, er, der Schlingel dort–

Adam für sich.
Mehr brauch ich nicht.

Ruprecht
Das ist nicht wahr, Herr Richter.

Adam für sich.
Auf, aufgelebt, du alter Adam!

Ruprecht
Das lügt sie in den Hals hinein–

Adam
Schweig, Maulaffe!
Du steckst den Hals noch früh genug ins Eisen.
–Setzt einen Krug, Herr Schreiber, wie gesagt,
Zusamt dem Namen des, der ihn zerschlagen.
Jetzt wird die Sache gleich ermittelt sein.

Walter
Herr Richter!  Ei!  Welch ein gewaltsames Verfahren.

Adam
Wieso?

Licht
Wollt Ihr nicht förmlich

Adam
Nein! sag ich;
Ihr Gnaden lieben Förmlichkeiten nicht.

Walter
Wenn Ihr die Instruktion, Herr Richter Adam,
Nicht des Prozesses einzuleiten wißt,
Ist hier der Ort jetzt nicht, es Euch zu lehren.
Wenn Ihr Recht anders nicht, als so, könnt geben,
So tretet ab: vielleicht kanns Euer Schreiber.

Adam
Erlaubt!  Ich gabs, wie’s hier in Huisum üblich;
Ew.  Gnaden habens also mir befohlen.

Walter
Ich hätt–?

Adam
Auf meine Ehre!

Walter
Ich befahl Euch,
Recht hier nach den Gesetzen zu erteilen;
Und hier in Huisum glaubt ich die Gesetze
Wie anderswo in den vereinten Staaten.

Adam
Da muß submiß ich um Verzeihung bitten!
Wir haben hier, mit Euerer Erlaubnis,
Statuten, eigentümliche, in Huisum,
Nicht aufgeschriebene, muß ich gestehn, doch durch
Bewährte Tradition uns überliefert.
Von dieser Form, getrau ich mir zu hoffen,
Bin ich noch heut kein Jota abgewichen.
Doch auch in Eurer andern Form bin ich,
Wie sie im Reich mag üblich sein, zu Hause.
Verlangt Ihr den Beweis?  Wohlan, befehlt!
Ich kann Recht so jetzt, jetzo so erteilen.

Walter
Ihr gebt mir schlechte Meinungen, Herr Richter.
Es sei.  Ihr fangt von vorn die Sache an.–

Adam
Auf Ehr!  Gebt acht, Ihr sollt zufrieden sein.
–Frau Marthe Rull!  Bringt Eure Klage vor.

Frau Marthe
Ich klag, Ihr wißts, hier wegen dieses Krugs;
Jedoch vergönnt, daß ich, bevor ich melde,
Was diesem Krug geschehen, auch beschreibe,
Was er vorher mir war.

Adam
Das Reden ist an Euch.

Frau Marthe
Seht ihr den Krug, ihr wertgeschätzten Herren?
Seht ihr den Krug?

Adam
O ja, wir sehen ihn.

Frau Marthe
Nichts seht ihr, mit Verlaub, die Scherben seht ihr;
Der Krüge schönster ist entzwei geschlagen.
Hier grade auf dem Loch, wo jetzo nichts,
Sind die gesamten niederländischen Provinzen
Dem span’schen Philipp übergeben worden.
Hier im Ornat stand Kaiser Karl der Fünfte:
Von dem seht ihr nur noch die Beine stehn.
Hier kniete Philipp und empfing die Krone;
Der liegt im Topf, bis auf den Hinterteil,
Und auch noch der hat einen Stoß empfangen.
Dort wischten seine beiden Muhmen sich,
Der Franzen und der Ungarn Königinnen,
Gerührt die Augen aus; wenn man die eine
Die Hand noch mit dem Tuch empor sieht heben,
So ists, als weinete sie über sich.
Hier im Gefolge stützt sich Philibert,
Für den den Stoß der Kaiser aufgefangen,
Noch auf das Schwert; doch jetzo müßt er fallen,
So gut wie Maximilian: der Schlingel!
Die Schwerter unten jetzt sind weggeschlagen.
Hier in der Mitte, mit der heil’gen Mütze,
Sah man den Erzbischof von Arras stehn;
Den hat der Teufel ganz und gar geholt,
Sein Schatten nur fällt lang noch übers Pflaster.
Hier standen rings, im Grunde, Leibtrabanten,
Mit Hellebarden, dicht gedrängt, und Spießen,
Hier Häuser, seht, vom großen Markt zu Brüssel,
Hier guckt noch ein Neugier’ger aus dem Fenster:
Doch was er jetzo sieht, das weiß ich nicht.

Adam
Frau Marth!  Erlaßt uns das zerscherbte Paktum,
Wenn es zur Sache nicht gehört.
Uns geht das Loch–nichts die Provinzen an,
Die darauf übergeben worden sind.

Frau Marthe
Erlaubt!  Wie schön der Krug, gehört zur Sache!
Den Krug erbeutete sich Childerich,
Der Kesselflicker, als Oranien
Briel mit den Wassergeusen überrumpelte.
Ihn hatt ein Spanier, gefüllt mit Wein,
Just an den Mund gesetzt, als Childerich
Den Spanier von hinten niederwarf,
Den Krug ergriff, ihn leert’ und weiterging.

Adam
Ein würd’ger Wassergeuse.

Frau Marthe
Hierauf vererbte
Der Krug auf Fürchtegott, den Totengräber;
Der trank zu dreimal nur, der Nüchterne,
Und stets vermischt mit Wasser aus dem Krug.
Das erstemal, als er im Sechzigsten
Ein junges Weib sich nahm; drei Jahre drauf,
Als sie noch glücklich ihn zum Vater machte;
Und als sie jetzt noch funfzehn Kinder zeugte,
Trank er zum dritten Male, als sie starb.

Adam
Gut.  Das ist auch nicht übel.

Frau Marthe
Drauf fiel der Krug
An den Zachäus, Schneider in Tirlemont,
Der meinem sel’gen Mann, was ich euch jetzt
Berichten will, mit eignem Mund erzählt.
Der warf, als die Franzosen plünderten,
Den Krug, samt allem Hausrat, aus dem Fenster,
Sprang selbst, und brach den Hals, der Ungeschickte,
Und dieser irdne Krug, der Krug von Ton,
Aufs Bein kam er zu stehen, und blieb ganz.

Adam
Zur Sache, wenns beliebt, Frau Marthe Rull!  Zur Sache!

Frau Marthe
Drauf in der Feuersbrunst von sechsundsechzig,
Da hatt ihn schon mein Mann, Gott hab ihn selig–

Adam
Zum Teufel!  Weib!  So seid Ihr noch nicht fertig?

Frau Marthe
–Wenn ich nicht reden soll, Herr Richter Adam,
So bin ich unnütz hier, so will ich gehn,
Und ein Gericht mir suchen, das mich hört.

Walter
Ihr sollt hier reden: doch von Dingen nicht,
Die Eurer Klage fremd.  Wenn Ihr uns sagt,
Daß jener Krug Euch wert, so wissen wir
So viel, als wir zum Richten hier gebrauchen.

Frau Marthe
Wie viel ihr brauchen möget, hier zu richten,
Das weiß ich nicht, und untersuch es nicht;
Das aber weiß ich, daß ich, um zu klagen,
Muß vor euch sagen dürfen, über was.

Walter
Gut denn.  Zum Schluß jetzt.  Was geschah dem Krug?
Was?–Was geschah dem Krug im Feuer
Von Anno sechsundsechzig?  Wird mans hören?
Was ist dem Krug geschehn?

Frau Marthe
Was ihm geschehen?
Nichts ist dem Krug, ich bitt euch sehr, ihr Herren,
Nichts Anno sechsundsechzig ihm geschehen.
Ganz blieb der Krug, ganz in der Flammen Mitte,
Und aus des Hauses Asche zog ich ihn
Hervor, glasiert, am andern Morgen, glänzend,
Als käm er eben aus dem Töpferofen.

Walter
Nun gut.  Nun kennen wir den Krug.  Nun wissen
Wir alles, was dem Krug geschehn, was nicht.
Was gibts jetzt weiter?

Frau Marthe
Nun, diesen Krug jetzt, seht–den Krug,
Zertrümmert einen Krug noch wert, den Krug
Für eines Fräuleins Mund, die Lippe selbst
Nicht der Frau Erbstatthalterin zu schlecht,
Den Krug, ihr hohen Herren Richter beide,
Den Krug hat jener Schlingel mir zerbrochen.

Adam
Wer?

Frau Marthe
Er, der Ruprecht dort.

Ruprecht
Das ist gelogen, Herr Richter.

Adam
Schweig Er, bis man Ihn fragen wird.
Auch heut an Ihn noch wird die Reihe kommen.
–Habt Ihrs im Protokoll bemerkt?

Licht
O ja.

Adam
Erzählt den Hergang, würdige Frau Marthe.

Frau Marthe
Es war Uhr elfe gestern–

Adam
Wann, sagt Ihr?

Frau Marthe
Uhr elf.

Adam
Am Morgen?

Frau Marthe
Nein, verzeiht, am Abend–
Und schon die Lamp im Bette wollt ich löschen,
Als laute Männerstimmen, ein Tumult,
In meiner Tochter abgelegnen Kammer,
Als ob der Feind einbräche, mich erschreckt.
Geschwind die Trepp eil ich hinab, ich finde
Die Kammertür gewaltsam eingesprengt,
Schimpfreden schallen wütend mir entgegen,
Und da ich mir den Auftritt jetzt beleuchte,
Was find ich jetzt, Herr Richter, was jetzt find ich?
Den Krug find ich zerscherbt im Zimmer liegen,
In jedem Winkel brüchig liegt ein Stück,
Das Mädchen ringt die Händ, und er, der Flaps dort,
Der trotzt, wie toll, Euch in des Zimmers Mitte.

Adam
Ei, Wetter!

Frau Marthe
Was?

Adam
Sieh da, Frau Marthe!

Frau Marthe
Ja!–
Drauf ists, als ob, in so gerechtem Zorn,
Mir noch zehn Arme wüchsen, jeglichen
Fühl ich mir wie ein Geier ausgerüstet.
Ihn stell ich dort zur Rede, was er hier
In später Nacht zu suchen, mir die Krüge
Des Hauses tobend einzuschlagen habe;
Und er, zur Antwort gibt er mir, jetzt ratet–
Der Unverschämte!  Der Halunke, der!
Aufs Rad will ich ihn sehen, oder mich
Nicht mehr geduldig auf den Rücken legen;
Er spricht, es hab ein anderer den Krug
Vom Sims gestürzt–ein anderer, ich bitt Euch,
Der vor ihm aus der Kammer nur entwichen;
–Und überhäuft mit Schimpf mir da das Mädchen.

Adam
O!  faule Fische–Hierauf?

Frau Marthe
Auf dies Wort
Seh ich das Mädchen fragend an; die steht
Gleich einer Leiche da, ich sage: Eve!
Sie setzt sich.–Ists ein anderer gewesen?
Frag ich.  Und “Joseph und Marie”, ruft sie,
“Was denkt Ihr, Mutter, auch?"–So sprich!  Wer wars?
“Wer sonst”, sagt sie,–und wer auch konnt es anders?
Und schwört mir zu, daß ers gewesen ist.

Eve
Was schwor ich Euch?  Was hab ich Euch geschworen?
Nichts schwor ich, nichts Euch–

Frau Marthe
Eve!

Eve
Nein!  Dies lügt Ihr–

Ruprecht
Da hört Ihrs.

Adam
Hund, jetzt, verfluchter, schweig,
Soll hier die Faust den Rachen dir nicht stopfen!
Nachher ist Zeit für dich, nicht jetzt.

Frau Marthe
Du hättest nicht–?

Eve
Nein, Mutter!  Dies verfälscht Ihr.
Seht, leid tuts in der Tat mir tief zur Seele,
Daß ich es öffentlich erklären muß:
Doch nichts schwor ich, nichts, nichts hab ich geschworen.

Adam
Seid doch vernünftig, Kinder.

Licht
Das ist ja seltsam.

Frau Marthe
Du hättest mir, o Eve, nicht versichert
Nicht Joseph und Maria angerufen?

Eve
Beim Schwur nicht!  Schwörend nicht!  Seht, dies jetzt schwör ich,
Und Joseph und Maria ruf ich an.

Adam
Ei, Leutchen!  Ei, Frau Marthe!  Was auch macht Sie?
Wie schüchtert Sie das gute Kind auch ein!
Wenn sich die Jungfer wird besonnen haben,
Erinnert ruhig dessen, was geschehen,
–Ich sage, was geschehen ist, und was,
Spricht sie nicht, wie sie soll, geschehn noch kann:
Gebt acht, so sagt sie heut uns aus, wie gestern,
Gleichviel, ob sie’s beschwören kann, ob nicht.
Laßt Joseph und Maria aus dem Spiele.

Walter
Nicht doch, Herr Richter, nicht!  Wer wollte den
Parteien so zweideut’ge Lehren geben.

Frau Marthe
Wenn sie ins Angesicht mir sagen kann,
Schamlos, die liederliche Dirne, die,
Daß es ein andrer als der Ruprecht war,
So mag meinetwegen sie–ich mag nicht sagen, was.
Ich aber, ich versichr es Euch, Herr Richter,
Und kann ich gleich nicht, daß sie’s schwor, behaupten,
Daß sie’s gesagt hat gestern, das beschwör ich,
Und Joseph und Maria ruf ich an.

Adam
Nun weiter will ja auch die Jungfer–

Walter
Herr Richter!

Adam
Ew.  Gnaden?  Was sagt er?–Nicht, Herzens-Evchen.

Frau Marthe
Heraus damit!  Hast du’s mir nicht gesagt?
Hast du’s mir gestern nicht, mir nicht gesagt?

Eve
Wer leugnet Euch, daß ichs gesagt–

Adam
Da habt Ihrs.

Ruprecht
Die Metze, die!

Adam
Schreibt auf.

Veit
Pfui, schäm Sie sich.

Walter
Von Eurer Aufführung, Herr Richter Adam,
Weiß ich nicht, was ich denken soll.  Wenn Ihr selbst
Den Krug zerschlagen hättet, könntet Ihr
Von Euch ab den Verdacht nicht eifriger
Hinwälzen auf den jungen Mann, als jetzt.
Ihr setzt nicht mehr ins Protokoll, Herr Schreiber,
Als nur der Jungfer Eingeständnis, hoff ich.
Vom gestrigen Geständnis, nicht vom Fakto.
–Ists an die Jungfer jetzt schon, auszusagen?

Adam
Mein Seel, wenns ihre Reihe noch nicht ist,
In solchen Dingen irrt der Mensch, Ew.  Gnaden.
Wen hätt ich fragen sollen jetzt?  Beklagten?
Auf Ehr!  Ich nehme gute Lehre an.

Walter
Wie unbefangen!–Ja, fragt den Beklagten.
Fragt, macht ein Ende, fragt, ich bitt Euch sehr:
Dies ist die letzte Sache, die Ihr führt.

Adam
Die letzte!  Was!  Ei freilich!  Den Beklagten!
Wohin auch, alter Richter, dachtest du?
Verflucht das pips’ge Perlhuhn mir!  Daß es
Krepiert wär an der Pest in Indien!
Stets liegt der Kloß von Nudeln mir im Sinn.

Walter
Was liegt?  Was für ein Kloß liegt Euch–?

Adam
Der Nudelkloß,
Verzeiht, den ich dem Huhne geben soll.
Schluckt mir das Aas die Pille nicht herunter,
Mein Seel, so weiß ich nicht, wie’s werden wird.

Walter
Tut Eure Schuldigkeit, sag ich, zum Henker!

Adam
Beklagter trete vor.

Ruprecht
Hier, Herr Dorfrichter.
Ruprecht, Veits, des Kossäten, Sohn, aus Huisum.

Adam
Vernahm Er dort, was vor Gericht soeben
Frau Marthe gegen Ihn hat angebracht?

Ruprecht
Ja, Herr Dorfrichter, das hab ich.

Adam
Getraut Er sich
Etwas dagegen aufzubringen, was?
Bekennt Er, oder unterfängt Er sich,
Hier wie ein gottvergeßner Mensch zu leugnen?

Ruprecht
Was ich dagegen aufzubringen habe,
Herr Richter?  Ei!  Mit Euerer Erlaubnis,
Daß sie kein wahres Wort gesprochen hat.

Adam
So?  Und das denkt Er zu beweisen?

Ruprecht
O ja.

Adam
Die würdige Frau Marthe, die–
Beruhige Sie sich.  Es wird sich finden.

Walter
Was geht Ihm die Frau Marthe an, Herr Richter?

Adam
Was mir–?  Bei Gott!  Soll ich als Christ–?

Walter
Bericht’
Er, was Er für sich anzuführen hat.–
Herr Schreiber, wißt Ihr den Prozeß zu führen?

Adam
Ach, was!

Licht
Ob ich–ei nun, wenn Ew.  Gnaden–

Adam
Was glotzt Er da?  Was hat Er aufzubringen?
Steht nicht der Esel wie ein Ochse da?
Was hat Er aufzubringen?

Ruprecht
Was ich aufzubringen?

Walter
Er, ja, Er soll den Hergang jetzt erzählen.

Ruprecht
Mein Seel, wenn man zu Wort mich kommen ließe.

Walter
’s ist in der Tat, Herr Richter, nicht zu dulden.

Ruprecht
Glock zehn Uhr mocht es etwa sein zu Nacht,
Und warm just diese Nacht des Januars
Wie Mai,–als ich zum Vater sage: Vater!
Ich will ein bissel noch zur Eve gehn.
Denn heuren wollt ich sie, das müßt Ihr wissen;
Ein rüstig Mädel ists, ich habs beim Ernten
gesehn, wie alles von der Faust ihr ging,
Und ihr das Heu man flog, als wie gemaust.
Das sagt ich: Willst du?  Und sie sagte: “Ach!
Was du da gakelst.”  Und nachher sagt’ sie: “Ja.”

Adam
Bleib Er bei seiner Sache.  Gakeln!  Was!
Ich sagte: Willst du?  Und sie sagte: Ja.

Ruprecht
Ja, meiner Treu, Herr Richter.

Walter
Weiter!  Weiter!

Ruprecht
Nun–
Da sagt ich: Vater, hört Er?  Laß Er mich.
Wir schwatzen noch am Fenster was zusammen.
“Na”, sagt er, “lauf; bleibst du auch draußen?” sagt er.
Ja, meiner Seel, sag ich, das ist geschworen.
“Na”, sagt er, “lauf, um elfe bist du hier.”

Adam
Na, so sag du, und gakle, und kein Ende.
Na, hat er bald sich ausgesagt?

Ruprecht
Na, sag ich,
Das ist ein Wort, und setz die Mütze auf,
Und geh; und übern Steig will ich, und muß
Durchs Dorf zurückgehn, weil der Bach geschwollen.
Ei, alle Wetter, denk ich, Ruprecht, Schlag!
Nun ist die Gartentür bei Marthens zu:
Denn bis um zehn läßts Mädel sie nur offen,
Wenn ich um zehn nicht da bin, komm ich nicht.

Adam
Die liederliche Wirtschaft, die.

Walter
Drauf weiter?

Ruprecht
Drauf–wie ich übern Lindengang mich näh’re,
Bei Marthens, wo die Reihen dicht gewölbt
Und dunkel, wie der Dom zu Utrecht, sind,
Hör ich die Gartentüre fernher knarren.
Sieh da!  Da ist die Eve noch! sag ich,
Und schicke freudig Euch, von wo die Ohren
Mir Kundschaft brachten, meine Augen nach
–Und schelte sie, da sie mir wiederkommen,
Für blind, und schicke auf der Stelle sie
Zum zweitenmal, sich besser umzusehen,
Und schimpfe sie nichtswürdige Verleumder,
Aufhetzer, niederträcht’ge Ohrenbläser,
Und schicke sie zum drittenmal, und denke,
Sie werden, weil sie ihre Pflicht getan,
Unwillig los sich aus dem Kopf mir reißen,
Und sich in einen andern Dienst begeben:
Die Eve ists, am Latz erkenn ich sie,
Und einer ists noch obenein.

Adam
So?  Einer noch?  Und wer, Er Klugschwätzer?

Ruprecht
Wer?  Ja, mein Seel, da fragt Ihr mich–

Adam
Nun also!
Und nicht gefangen, denk ich, nicht gehangen.

Walter
Fort!  Weiter in der Rede!  Laßt ihn doch!
Was unterbracht Ihr ihn, Herr Dorfrichter?

Ruprecht
Ich kann das Abendmahl darauf nicht nehmen,
Stockfinster wars, und alle Katzen grau.
Doch müßt Ihr wissen, daß der Flickschuster,
Der Lebrecht, den man kürzlich losgesprochen,
Dem Mädel längst mir auf die Fährte ging.
Ich sagte vor’gen Herbst schon: Eve, höre,
Der Schuft schleicht mir ums Haus, das mag ich nicht;
Sag ihm, daß du kein Braten bist für ihn,
Mein Seel, sonst werf ich ihn vom Hof herunter.
Die spricht: “Ich glaub, du schierst mich”, sagt ihm was,
Das ist nicht hin, nicht her, nicht Fisch, nicht Fleisch:
Drauf geh ich hin und werf den Schlingel herunter.

Adam
So?  Lebrecht heißt der Kerl?

Ruprecht
Ja, Lebrecht.

Adam
Gut.
Das ist ein Nam.  Es wird sich alles finden.
–Habt Ihrs bemerkt im Protokoll, Herr Schreiber?

Licht
O ja, und alles andere, Herr Richter.

Adam
Sprich weiter, Ruprecht, jetzt, mein Sohn.

Ruprecht
Nun schießt,
Da ich Glock elf das Pärchen hier begegne,
–Glock zehn Uhr zog ich immer ab–das Blatt mir.
Ich denke: halt, jetzt ists noch Zeit, o Ruprecht,
Noch wachsen dir die Hirschgeweihe nicht;
Hier mußt du sorgsam dir die Stirn befühlen,
Ob dir von fern hornartig etwas keimt.
Und drücke sacht mich durch die Gartenpforte,
Und berg in einem Strauch von Taxus mich,
Und hör Euch ein Gefispre hier, ein Scherzen,
Ein Zerren hin, Herr Richter, Zerren her,
Mein Seel, ich denk, ich soll vor Lust–

Eve
Du Bösewicht!
Was das, o, schändlich ist von dir!

Frau Marthe
Halunke!
Dir weis ich noch einmal, wenn wir allein sind,
Die Zähne!  Wart!  Du weißt noch nicht, wo mir
Die Haare wachsen!  Du sollsts erfahren!

Ruprecht
Ein Viertelstündchen dauerts so; ich denke:
Was wirds doch werden, ist doch heut nicht Hochzeit?
Und eh ich den Gedanken ausgedacht,
Husch!  sind sie beid ins Haus schon, vor dem Pastor.

Eve
Geht, Mutter, mag es werden, wie es will–

Adam
Schweig du mir dort, tat ich, das Donnerwetter
Schlägt über dich ein, unberufne Schwätzerin!
Wart, bis ich auf zur Red dich rufen werde.

Walter
Sehr sonderbar, bei Gott!

Ruprecht
Jetzt hebt, Herr Richter Adam,
Jetzt hebt sichs, wie ein Blutsturz, mir.  Luft!
Da mir der Knopf am Brustlatz springt: Luft jetzt!
Und reiße mir den Latz auf: Luft jetzt, sag ich!
Und geh, und drück, und tret und donnere,
Da ich der Dirne Tür verriegelt finde,
Gestemmt, mit Macht, auf einen Tritt, sie ein.

Adam
Blitzjunge, du!

Ruprecht
Just da sie auf jetzt rasselt,
Stürzt dort der Krug vom Sims ins Zimmer hin,
Und husch!  springt einer aus dem Fenster Euch:
Ich seh die Schöße noch vom Rocke wehn.

Adam
War das der Leberecht?

Ruprecht
Wer sonst, Herr Richter?
Das Mädchen steht, die werf ich übern Haufen,
Zum Fenster eil ich hin, und find den Kerl
Noch in den Pfählen hangen, am Spalier,
Wo sich das Weinlaub aufrankt bis zum Dach.
Und da die Klinke in der Hand mir blieb,
Als ich die Tür eindonnerte, so reiß ich
Jetzt mit dem Stahl eins pfundschwer übern Detz ihm:
Den just, Herr Richter, konnt ich noch erreichen.

Adam
Wars eine Klinke?

Ruprecht
Was?

Adam
Obs–

Ruprecht
Ja, die Türklinke.

Adam
Darum.

Licht
Ihr glaubtet wohl, es war ein Degen?

Adam
Ein Degen?  Ich–wieso?

Ruprecht
Ein Degen!

Licht
Je nun!
Man kann sich wohl verhören.  Eine Klinke
Hat sehr viel Ähnlichkeit mit einem Degen.

Adam
Ich glaub–!

Licht
Bei meiner Treu!  Der Stiel, Herr Richter?

Adam
Der Stiel!

Ruprecht
Der Stiel!  Der wars nun aber nicht.
Der Klinke umgekehrtes Ende wars.

Adam
Das umgekehrte Ende wars der Klinke!

Licht
So!  So!

Ruprecht
Doch auf dem Griffe lag ein Klumpen
Blei, wie ein Degengriff, das muß ich sagen.

Adam
Ja, wie ein Griff.

Licht
Gut.  Wie ein Degengriff.
Doch irgendeine tück’sche Waffe mußt es
Gewesen sein.  Das wußt ich wohl.

Walter
Zur Sache stets, Ihr Herren, doch!  Zur Sache!

Adam
Nichts als Allotrien, Herr Schreiber!–Er, weiter!

Ruprecht
Jetzt stürzt der Kerl, und ich schon will mich wenden,
Als ichs im Dunkeln auf sich rappeln sehe.
Ich denke: lebst du noch?  und steig aufs Fenster
Und will dem Kerl das Gehen unten legen:
Als jetzt, Ihr Herrn, da ich zum Sprung just aushol,
Mir eine Handvoll grobgekörnten Sandes–
Und Kerl und Nacht und Welt und Fensterbrett,
Worauf ich steh, denk ich nicht, straf mich Gott,
Das alles fällt in einen Sack zusammen–
Wie Hagel, stiebend, in die Augen fliegt.

Adam
Verflucht!  Sieh da!  Wer tat das?

Ruprecht
Wer?  Der Lebrecht.

Adam
Halunke!

Ruprecht
Meiner Treu!  Wenn ers gewesen.

Adam
Wer sonst!

Ruprecht
Als stürzte mich ein Schloßenregen
Von eines Bergs zehn Klaftern hohem Abhang,
So schlag ich jetzt vom Fenster Euch ins Zimmer:
Ich denk, ich schmettere den Boden ein.
Nun brech ich mir den Hals doch nicht, auch nicht
Das Kreuz mir, Hüften, oder sonst, inzwischen
Konnt ich des Kerls doch nicht mehr habhaft werden,
Und sitze auf, und wische mir die Augen.
Die kommt, und: “Ach, Herr Gott!” ruft sie, und: “Ruprecht!
Was ist dir auch?” Mein Seel, ich hob den Fuß,
Gut wars, daß ich nicht sah, wohin ich stieß.

Adam
Kam das vom Sande noch?

Ruprecht
Vom Sandwurf, ja.

Adam
Verdammt!  Der traf!

Ruprecht
Da ich jetzt aufersteh,–
Was sollt ich auch die Fäuste hier mir schänden?–
So schimpf ich sie, und sage: Liederliche Metze,
Und denke, das ist gut genug für sie.
Doch Tränen, seht, ersticken mir die Sprache.
Denn da Frau Marthe jetzt ins Zimmer tritt,
Die Lampe hebt, und ich das Mädchen dort
Jetzt schlotternd, zum Erbarmen, vor mir sehe,
Sie, die so herzhaft sonst wohl um sich sah,
So sag ich zu mir: blind ist auch nicht übel.
Ich hätte meine Augen hingegeben,
Knippkügelchen, wer will, damit zu spielen.

Eve
Er ist nicht wert, der Bösewicht–

Adam
Sie soll schweigen!

Ruprecht
Das Weitre wißt Ihr.

Adam
Wie, das Weitere?

Ruprecht
Nun ja, Frau Marthe kam, und geiferte,
Und Ralf, der Nachbar, kam, und Hinz, der Nachbar,
Und Muhme Sus’ und Muhme Liese kamen.
Und Knecht’ und Mägd’ und Hund’ und Katzen kamen,
’s war ein Spektakel, und Frau Marthe fragte
Die Jungfer dort, wer ihr den Krug zerschlagen,
Und die, die sprach, Ihr wißts, daß ichs gewesen.
Mein Seel, sie hat so unrecht nicht, Ihr Herren.
Den Krug, den sie zu Wasser trug, zerschlug ich,
Und der Flickschuster hat im Kopf ein Loch.

Adam
Frau Marthe!  Was entgegnet Ihr der Rede?
Sagt an!

Frau Marthe
Was ich der Red entgegene?
Daß sie, Herr Richter, wie der Marder einbricht,
Und Wahrheit wie ein gakelnd Huhn erwürgt.
Was Recht liebt, sollte zu den Keulen greifen,
Um dieses Ungetüm der Nacht zu tilgen.

Adam
Da wird Sie den Beweis uns führen müssen.

Frau Marthe
O ja, sehr gern.  Hier ist mein Zeuge.–Rede!

Adam
Die Tochter?  Nein, Frau Marthe.

Walter
Nein?  Warum nicht?

Adam
Als Zeugin, gnädiger Herr?  Steht im Gesetzbuch
Nicht titulo, ists quarto?–oder quinto!
Wenn Krüge oder sonst, was weiß ich?
Von jungen Bengeln sind zerschlagen worden,
So zeugen Töchter ihren Müttern nicht?

Walter
In Eurem Kopf liegt Wissenschaft und Irrtum
Geknetet, innig, wie ein Teig, zusammen;
Mit jedem Schnitte gebt Ihr mir von beidem.
Die Jungfer zeugt noch nicht, sie deklariert jetzt;
Ob, und für wen, sie zeugen will und kann,
Wird erst aus der Erklärung sich ergeben.

Adam
Ja, deklarieren.  Gut.  Titulo sexto.
Doch was sie sagt, das glaubt man nicht.

Walter
Tritt vor, mein junges Kind.

Adam
He!  Lies’!–Erlaubt!
Die Zunge wird sehr trocken mir–Margrete!

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